Oh man, wo fange ich an. Seit einigen Monaten hat man jetzt nichts mehr hier gehört, das hat mehrere Gründe. Zum einen fehlte mir irgendwann die Motivation, man hat hier irgendwann einen normalen Alltag und fragt sich was zur Hölle man noch niederschreiben soll. Zum anderen war wohl auch einfach viel los. Ich habe einige Leute verabschiedet und viele neu willkommen geheißen, hatte Urlaub und bin durch allerlei private Problemchen gegangen. Aber hey, hier bin ich und bringe euch auf den neuesten Stand!
Ich schreibe diesen Eintrag 2 Wochen vor meiner Rückreise also hier ein kleines „was bisher geschah“:
Ich habe von Mai bis Juli im Pedro Arrupe Center einen Englisch Kurs für Kinder, die in Griechenland zur Schule gehen, co-unterrichtet. Das war eine super spannende Erfahrung, weil wir da bis zu 15 Kinder haben und es ganz anders war als anderer Unterricht, den ich bisher gegeben habe. Da gab es eine sehr herausfordernde Situation als mich die kleine Ababelle aus Afrika mit großen Augen fragte, was Rassismus sei. Dazu später mehr. Außerdem hat das Center seinen 10. Geburtstag gefeiert, wozu wir unseren Kids einen coolen Tanz haben vorführen lassen. Es gab auch ein Theaterstück und leckeres Essen.


In Griechenland ist seit Juni endgültig der Sommer angekommen. Was soll ich sagen… Es. Ist. Heiß. Die letzten Wochen haben wir viel mit Hitzewellen bis zu 41 Grad zu kämpfen gehabt und das ist definitiv eine Challenge. Immerhin kann man am Wochenende tolle Ausflüge zum Strand machen also nehme ich das in Kauf.



In unserem Magazi haben wir ENDLICH renoviert und alte klapprige Regale mit professionell aussehenden Kleiderstangen ersetzt. Seit ich hier bin war das ein großes Ziel von mir und ich bin so froh und stolz, dass wir das geschafft haben bevor ich gehe. Diese kleinen Dinge verändern das gesamte Erlebnis für die Geflüchteten. Sie sollten sich nicht schämen dafür, dass sie zu uns kommen. Es soll sich wie ein Qualitätseinkauf anfühlen und den bestmöglichen Komfort bieten.





Ich war im „Odeon of Herodes Atticus“ (ein antikes Amphitheater am Rande der akropolis) zu einem Konzert. Das Theater kann bis zu 5000 Menschen unterbringen und hat eine großartige atmosphäre. Sehr zu empfehlen!


Viele meiner Mitvolontäre und auch der Schwestern sind mittlerweile abgereist und es sind schon viele Tränen gekullert. Als 1-Jährige Volontärin ist man wirklich die erste die kommt und die letzte die geht. Der Abschied naht auch für mich und die Gefühle sind gemischt, dazu aber in einem anderen Blog Eintrag mehr.


Es sind natürlich noch mehr Dinge passiert, aber das sind sehr komprimiert die Highlights. Ich will gerne näher auf das Rassismus-Thema eingehen, da mich diese Erfahrung sehr berührt hat. Meine Englisch-Klasse bestand aus ca. 15 Kindern im Alter von 9-13. Alle diese Kinder waren nicht weiß. Einige waren schwarz, andere etwas heller, aber eben kein weißes Kind. Wir haben an diesem Tag über den Plural gelernt und ich erklärte, dass es von manchen Wörtern keinen Plural gibt. Als Beispiel habe ich das Wort „rice“, also Reis, benutzt und gesagt es gibt das Wort „rices“ nicht. Für eine der Schülerinnen hat sich das wie „race“ oder „racism“ angehört also hat sie sich gemeldet und gefragt was das bedeutet, sie hätte das irgendwo gehört. Ihr müsst euch vorstellen, wie ich vollkommen unvorbereitet mit dieser wahnsinnig komplexen Frage konfrontiert wurde. Meine Gedanken waren am rasen und ich habe mich gefragt, wie ich so ein großes Wort diesen kleinen unschuldigen Kindern erklären soll. Kinder, die ihr ganzes Leben davon betroffen sein werden. Also hab ich tief Luft geholt und erklärt, dass alle Menschen verschiedene Hautfarben haben und wie es leider böse Leute auf der Welt gibt, die glauben Weiße wären besser als Poc (People of colour). Ich habe ihnen sehr klar gemacht, dass das natürlich nicht stimmt und sie darum gebeten, in der Schule qualifiziertere Menschen um mehr Details zu bitten. Den Rest der Stunde habe ich geduldig alle Fragen beantwortet und mir die Geschichten der Kinder angehört. Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass diese Kinder alle um die 10 Jahre alt sind. Es hat mir das Herz gebrochen wie viele von ihnen nacheinander ihre Hände gehoben und davon erzählt haben, welche rassistischen Erfahrungen sie in ihrem kurzen Leben schon durchmachen mussten. Wie normal es ihnen auch erschien. Sie hätten mir auch von ihren Hobbies erzählen können, so normal haben sie es rüber gebracht.
Ich weiß nicht was genau ich damit erreichen möchte, dass ich diese Geschichte erzähle. Dieses Erlebnis hat mich sehr berührt und mich zum Nachdenken gebracht. Die meisten von uns wachsen so behütet auf und selbst ich, die ja nicht ganz weiß ist, habe kaum rassistische Erfahrungen gemacht. Es ist so wichtig, diejenigen nicht zu vergessen, die diese Privilegien nicht genießen können. Rassismus ist immer noch so präsent in dieser Gesellschaft… Vor allem gegenüber geflüchteten Menschen.
Ich hoffe dieser Blogbeitrag hat euch auch ein wenig zum Nachdenken gebracht. Ich werde ganz bald einen oder zwei abschließende Beiträge zu meinem Einsatzjahr schreiben. Jetzt werde ich erst mal meine letzten 2 Wochen in Athen genießen so gut ich kann. Danke fürs Lesen und supporten, ich kann nicht glauben, dass sich diese Reise ihrem Ende neigt.
Sonnige Grüße, eure Mariam:)
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